Datenströme und message-orientierten Architekturen in der Instandhaltung

Christoph Schranz, Dietmar Glachs, Georg Güntner (Salzburg Research)

„Phanta rhei“ („Alles fließt“) ist ein Ausspruch, der dem griechischen Philosophen Heraklit von Ephesos (520-460 v. Chr.) zugeschrieben wird. Im Kontext seiner „Flusslehre“ ging es Heraklit um die Veränderlichkeit der Welt, die er mit dem Bild eines Flusses veranschaulichte: „Wer in denselben Fluss steigt, dem fließt anderes und wieder anderes Wasser zu.“

Diese Sichtweise lässt sich auch auf moderne Produktions- und Instandhaltungsprozesse übertragen: Die Menge und Vielfalt der erfassten Daten nimmt mit dramatischer Geschwindigkeit zu. Dies erfordert Architekturen, die Datenströme sicher und zuverlässig verwalten können. Wir stellen im Folgenden eine message-orientierte Architektur vor, die die Kopplung von Datenquellen (z.B. Sensoren) mit datenverarbeitenden Systemen (z.B. Planungs- und Prognose-Systemen) in Instandhaltungsszenarien auf einfache Weise ermöglicht.

Datenflüsse in der Instandhaltung

Moderne Produktionsanlagen und vernetzte Fabriken sind mit umfassender Sensorik ausgestattet und stellen große Mengen von Daten über Anlagen- und Prozess-Zustände allen potenziellen Abnehmern zur Verfügung. Im Kontext der Instandhaltung werden diese Daten beispielsweise zur Zustandsüberwachung, zur Visualisierung von Prozess- und Qualitätsparametern oder zur vorausschauenden Instandhaltung verwendet.

Eine große Herausforderung in diesem Szenario besteht darin, dass die Sensordaten gesichert, im richtigen Kontext und möglichst flexibel an die richtigen „Abnehmer“ (d.h. Informationssysteme) übertragen werden. Solche Abnehmer sind beispielsweise Produktionsplanungs- und –steuerungs-Systeme (ERP), Betriebs- oder Maschinendatenerfassungs- (BDE/MDE) oder Instandhaltungsplanungs-Systeme (CMMS / IPSA) (siehe dazu Beitrag „Strategisches Condition Monitoring”» und Beitrag „Digitalisierung ohne Software”»). Weitere Abnehmer sind Analyse-Werkzeuge, die mit statistischen Methoden oder mit Mitteln der künstlichen Intelligenz (z.B. Machine Learning) Prognosen erstellen und dabei aktuelle Messwerte mit historischen Daten verknüpfen (siehe dazu Beitrag „Predictive Maintenance”»).

Für den Transport der Daten in Produktions- und Instandhaltungsprozessen bietet sich der Einsatz eines Messaging-Systems an. Wir beschreiben im Folgenden eine im Projekt i-Maintenance entwickelte message-orientierte Architektur und deren Implementierung als Open Source Lösung im i-Maintenance Toolset.

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Kommunikation über Datenströme

Die Kommunikation zwischen den Datenquellen und datenverarbeitenden Systemen wird in unserem Ansatz durch ein flexibles Messaging-System (siehe Abbildung 1) ermöglicht, welches für den Transport aller instandhaltungs-relevanten Informationen zwischen den einzelnen Anwendungen sorgt. Die Anlagen bzw. die in den Anlagen verbauten Sensoren melden die von ihnen erfassten Daten lediglich an das Messaging-System. Dieses übernimmt die Verteilung der Informationen an alle betroffenen Teilnehmer und überwindet dabei System-, Kompatibilitäts- und Kommunikationsgrenzen. Predictive Maintenance Systeme können sich ebenso wie Instandhaltungsplanungs-Systeme in die Informationsflüsse „einklinken“ und ihrerseits instandhaltungsrelevante Meldungen über das Messaging-System publizieren.

Ein erster Vorteil dieses Ansatzes ist, dass sich jeder Kommunikationspartner nur um seine eigenen Aufgaben kümmern muss: Die Kommunikation zwischen den Teilnehmern wird vollständig vom Messaging-System abgedeckt. Ein weiterer Vorteil ist, dass sich jedes teilnehmende System nur einmal mit dem Messaging-System „arrangieren muss“. Wiederkehrende Integrationsschritte mit jedem neu hinzukommenden System sind nicht mehr notwendig.

Abbildung 1 zeigt einen schematischen Überblick des Einsatzes einer message-orientierten Architektur in einem Instandhaltungsszenario. Sensorik und Steuerungssysteme überwachen das Produktionssystem und ermitteln Umgebungs- und Prozessparameter. Die Messwerte werden mit dem Zeitpunkt der Messung und einer eindeutigen Datenstrom-Kennung an das Messaging-System weitergereicht und von subskribierten Anwendungen (Predictive Maintenance, Instandhaltungsmanagement) empfangen. Eine Datenstrom-Kennung identifiziert dabei den Sensor und die betroffene Maschine. Sie legt auch fest, welche Daten bzw. welches Datenformat diesem Datenstrom zugrunde gelegt wird. Anwendungen „subskribieren“ Datenströme und können sich so auf valide Daten(-formate) verlassen und die empfangenen Daten verarbeiten. Jede Anwendung kann ihrerseits Nachrichten an das Messaging-System mit nunmehr „höherwertigen“ Informationen, z.B. eine „Vorausschauende Störmeldung“ auf dem konfigurierten Datenstrom publizieren. Das Messaging-System übernimmt die Zustellung an die Empfänger.

Abbildung 1: Systemkomponenten im i-Maintenance Toolset (© Salzburg Research)

Technologisch basiert dieses Messaging-System auf einer verteilten Streaming-Plattform, sowie einem offenen Standard zur Beschreibung von (Mess-)Daten. Die Kommunikation am Messaging-System erfolgt somit in einem generischen Format. Die Anbindung der einzelnen Softwarekomponenten an das System geschieht nicht-invasiv (d.h. ohne starken Eingriff) durch spezielle „Adapter“. Diese Adapter übernehmen die Interpretation und Transformation der Nachrichten aus dem Messaging-System in das Format der jeweiligen Komponente.

Im Projekt i-Maintenance wurde eine Open Source Implementierung der hier vorgestellten message-orientierten Architektur entwickelt: Die Software wird als „i-Maintenance Toolset“ bezeichnet und ist auf GitHub downloadbar (github.com/i-maintenance/). Der Einsatz dieser Software in einer Laborumgebung wird nachfolgend in einem Anwendungsbericht beschrieben „Datensilos integrieren“»